Nie hätte ich gedacht, dass Euterpes Kuss zwischen Heustock und Jauchegrube zu so viel mehr als einer Songidee führt.
~ Akustikgitarre & 3GS
auf dem Bolderhof 2012
Es war mal wieder an der Zeit, die Mittagspause ohne Korrekturen von Schülerarbeiten, ohne Papierschlachten mit dem Multifunktionskopierer und ohne Arbeitsblätterjagd in den pädagogischen Tiefen des WWW zu verbringen. Meine Gitarre, welche lässig am Bücherregal stand, wartete darauf, mir ihre Dienste anbieten zu können. Einfach ein bisschen Klimpern. Jawohl. Und darauf warten, bis sich die Muse über mir ergiesst.
So liefen die gelegentlichen Mittagssessions an meiner Gitarre normalerweise ab. Aber nicht heute. Diesmal hatte ich ein ganz klares Ziel vor Augen. Das Werkzeug war dasselbe wie immer. Eine „Blechgitarre“, abgekauft von einem entfernt bekannten Musiker (sollte ihm wohl endlich das Geld dafür geben). Die Bühne war dies selbe wie immer. Ein viel zu niedrig eingestellter Stuhl auf einem Fleckchen, mit Novilon bespanntem Klassenzimmerboden, zwischen Materialschrank und Schulbank. Und natürlich ein Aufnahmegerät um allfällige Ergüsse rudimentär aber für die Ewigkeit festhalten zu können.
Normalerweise zeichne ich Songideen mit meinem Eier legenden Wollmilchäpfelchen (ja, hab' auch eins) auf. Nur Ton natürlich. Schliesslich ist das Früchten meist nahe am Speicherkollaps. Und Euterpe wird sich einen Deut um - Die Datei konnte nicht gespeichert werden. Sie haben zu wenig freien Speicherplatz - scheren. Aber eben. Diesmal war alles ein wenig anders. Die Muse war bereits da und auch schon wieder weg. Es war ein Kurzbesuch der ganz intensiven Art.
Akkordfolge und Gesangsmelodie hatte sie mir schon drei Jahre zuvor zugesteckt. Das Ganze hatte sich sofort in Hirn und Finger eingebrannt. Aber mit dem Text wollte es nicht so recht klappen. Euterpe verteilt wohl häppchenweise. Wahrscheinlich war gerade noch jemand auf sie angewiesen und hatte den Vorzug erhalten. Welcher Song da entstand, würde ich nur zu gerne wissen. Schwamm drüber. Ich trug also das neue, noch vollständig textfreie Stück mit mir herum und spielte es immer und immer wieder, in der Hoffnung, die griechische Soundgöttin würde es hören und die längst fällige Nachsendung endlich auslösen.
Sie tat es. Ich zelebrierte endlich, eben diesen Song zwischen Heustock und Jauchegrube spielend, meine wohlverdiente Pause im Klassenlager, fernab von Kinderjubel und Bauernhofolympiade, als es mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf. Und ja, ich hatte meinen kleinen Apfel auch auf dem Bolderhof dabei, konnte ich doch damit auch meine sechssaitige Begleiterin in Stimmung bringen. Es reichte gerade noch, den Aufnahmemodus zu aktivieren, eh es Euterpe aus vollen Kübeln auf mich niederprasseln liess. How do you know? Wie kannst du wissen? Das weiss ich auch nicht mehr so genau. Es geschah einfach.
Nun sass ich also da, auf diesem viel zu kleinen Stuhl. Mein winziges Äpfelchen musste diesmal einem grösseren seiner Gattung Platz machen. Zum Ton gesellte sich diesmal auch noch Bild, denn das war eine Bedingung. How do you know? Keine Ahnung. Aber einen Versuch war es allemal wert. Aufgenommen war schnell. Aber was dann folgte, betrachte ich im Nachhinein als die erste Hürde. Fragen über Fragen, über deren Sinn ich mich nicht zu äussern wage. Wohl einfach schon "Part one of the show"? Nun dann. Video-Upload erledigt, Personalien ausgefüllt, Fragen beantwortet. War's das? Ich glaube schon. Mal schauen, ob das ganze Datenpaket am richtigen Ort, man weiss es ja eigentlich nie so genau, ankommt.
Ach ja, am folgenden Abend hatte ich während des Nachtessens beiläufig noch meine Frau informiert. Just in case. Man weiss ja nie.